Das Mandala

Es wird dunkel, nur oben am Hang scheint ein Licht. Ich laufe durch die Weinberge darauf zu. Es ist eine kleine Kapelle, die mir vorher nie aufgefallen ist. Ich trete ein. Es sind keine Bänke im Raum, kein Altar, kein Jesus am Kreuz. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch, die bunten Glasscheiben sind durch den Dampf angelaufen, Wasser rinnt die Wände hinab. Die Mitte des Raumes ziert ein mit ovalen Steinen gelegtes, riesiges Mandala. Es bildet ein Becken, das mit Wasser gefüllt ist. Die Versammlung beginnt. Überall in und um das Wasser sitzen Leute, die mich willkommen heißen. „Du musst der Wahrheit ins Auge sehen“, sagen sie. Nackt wie ich bin, setzte ich mich zu ihnen. Wir diskutieren, während das Wasser plätschert, dies und das, und jemand sagt mir, dass ich im Herzen schon wüsste. Tränen fließen meine Wangen hinab, tropfen ins Wasser und steigen als Wasserdampf auf. So muss sich das Baby an der Brust der Mutter fühlen. Sie sagen, ich darf mich nicht täuschen lassen, alle Modelle basieren nur auf Annahmen. Gereinigt steige ich aus dem Wasser. Jemand hat den Stöpsel gezogen, das Wasser fließt ab und legt die bernsteinfarbenen Steine frei. Wie goldene Eier schimmern sie nass am Grund. Das Mandala muss jetzt zerstört werden.

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